Weh-Weh-Weh Willis Wein Werkstatt Reichsrat von Buhl, Forster Ungeheuer Riesling Spätlese trocken, 2001
Verkostet im August 2011 Im letzten Beitrag habe ich von einem Weinhändler meines Vertrauens gesprochen. Davon halte ich mir natürlich mehrere. Beim vielleicht dienstältesten aus dieser Schar fiel mir kürzlich eine trockene Spätlese aus dem Forster Ungeheuer in die Igelpfoten. Aus dem Hause von Buhl und dem Jahrgang 2001. Na gut, jetzt weiß man eigentlich wenn der Herrgott gewollt hätte, dass man trockene Spätlesen mit zehn oder mehr Kerzen auf der Geburtstagstorte trinkt, dann hätte er uns nicht die trockenen Auslesen bzw. in neueren Jahren die Großen Gewächse geschenkt. Zehn Jahre sind viel für eine trockene Spätlese, selbst wenn sie aus einem der besseren Häuser stammt. Und zu denen war Buhl 2001 noch immer zu rechnen. Wenn auch nicht mehr zu den besten. Ich finde, das Gut hat in den Nuller Jahren nicht mehr ganz das Niveau der Achtziger und Neunziger halten können. Ganz ähnlich wie Bassermann. Schön, dass sich das inzwischen unter neuer Leitung wieder geändert hat. Um es auf den Punkt zu bringen: Ich war mir nicht sicher, ob dieser alte Herr noch viel Freude machen würde. Zumal der Weinhändler meines Vertrauens sich wieder einmal desselben würdig erwiesen hatte und mir, als er das Fläschchen im Einkaufswagen entdeckt hatte, nur trocken vorhielt: "Biste sicher? Ich hätte mich ja nicht getraut, Dir den noch anzubieten." Trotzdem habe ich das Fläschchen mitgenommen. Schon allein weil der empfindliche Wein ja schnell psychischen Schaden nehmen kann, wenn er mitbekommt, wie er da heruntergemacht und aussortiert wird. Na ja, und weil der Weinhändler meines Vertrauens mir einen Sonderpreis gemacht hat. Noch am selben Abend plätscherte es goldgelb in mein Glas hinein, das Ungeheuer. Eine Farbe, die auf den ersten Blick erzählt, dass der Wein nicht mehr grün hinter den Ohren ist. Das merkt man auch in der Nase. Sehr reif! Schon mit einem allerersten Einschlag tabakiger Noten, etwas Firne. Aber auch noch mit viel pikanter Frucht, leicht kandierte oder eingemachte Aprikose. Dazu wedelt er noch mit einem Kräutersträußchen. Waldmeister, vielleicht auch eine Spur Zitronengras? Insgesamt voll, sehr vielschichtig und unglaublich fein im Duft. Verheißungsvoll! Am Gaumen ebenfalls von einer ganz erstaunlichen Fülle. Viel Honig, der natürlich vor allem aus der leichten Firne heraus kommt. Dazu noch frische Frucht, nicht so sehr auf der Aprikose, eher in Richtung karamelliger Apfel. Wow, das hat Power und viel Druck! Was mich aber nicht verschweigen lassen sollte, dass er trotzdem schon ein klein wenig über den Höhepunkt hinweg sein dürfte. Aber diese pikant-waldmeistrige Fülle lässt kaum einen Wunsch offen und entschädigt dafür, dass der Tiefgang und die Differenziertheit im Abgang ein wenig zu wünschen übrig lassen. Gerade im Abgang merkt man die Reife dann auch am ehesten. Weil zwar durchaus Kraft und auch noch Saft vorhanden ist, doch wenig Länge und dann auch schon ein ganz leicht trocknendes Moment. Da steht der leicht firnige Honigton dann plötzlich etwas alleine in der Gegend herum und sehnt sich nach einer Wiederauferstehung des Waldmeisters und des Apfels. Mit mehr Luft, eher so gegen Ende der Flasche, wandelt sich das Gesicht des Ungeheuers dann noch einmal. Nun wird er mürber, ja regelrecht buttrig. Sogar eine leicht nussige Note kommt heraus. Wäre da nicht immer noch die hohe Säure könnte man ihn jetzt fast auch für einen sehr reifen Spitzenchardonnay halten. So gefällt er mir auch nicht schlechter, vielmehr ziehe ich den Hut noch eine Etage tiefer, dass der Wein mir diese Facette auch noch zeigen konnte. Ein wenig muss ich den Buhls vielleicht auch Abbitte leisten. Jung probiert, war mir dieses Ungeheuer nicht ganz geheuer gewesen. Ich habe extra noch einmal die alte Verkostungsnotiz herausgekramt. Etwas leicht erschien er mir damals auf dem Weingut und ich hätte ihm auf keinen Fall dieses Alterungspotenzial prophezeit. Gut, dass ich nachverkostet habe. Statt der damaligen 85 Punkte kriegt er jetzt 88 von 100 Willipunkten - und jede Menge Respekt.
Heute auf der Hebebühne: Reichsrat von Buhl, Forster Ungeheuer, Riesling Spätlese trocken, 2001
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