Verkostet im März 2013 Leute, verratet mich nicht, sonst komme ich in Schwierigkeiten. Wenn einer stirbt, fragt die Polizei ja immer gerne, wer den Verblichenen zuletzt lebend gesehen hat. Na ja und bei Hugo Chavez, dem Präsidenten von Venezuela, war das tatsächlich Euer alter Weinigel. Euer Wein-igel, dem der große Hugo kurz vor seinem letzten Atemzug noch einige Zeilen für die Nachwelt in den Interviewblock diktierte. Hier das Gespräch im vollen Wortlaut: Igel: "Herr Revolutionsführer, oder darf ich Hugo sagen...??" Chavez: "Con gusto, Willi!" Igel: "Na wunderbar! Hugo, was mich interessieren würde - wie fühlt man sich so als Revolutionsführer? Ist man da nicht eine Art Dinosaurier, der letzte seiner Art? Nachdem Castro jetzt an seinen Bruder übergeben hat und Muammar in Libyen in der Kanalisation heruntergespült worden ist?" Chavez: "Bueno, Willi, auf den ersten Blick sieht das so aus. Aber gerade Ihr in Deutschland habt doch ganz großartige Talente in dieser Richtung. Da ist zum Beispiel dieser Niebel, das könnte glatt mein Sohn sein - immer mit Militaermütze unterwegs, nie um einen dicken Spruch verlegen. Und, wenn ich das richtig sehe, hat der gerade einen Putsch gegen seinen eigenen Vorsitzenden unternommen. Erfolglos zwar, aber so sind wir Revolutions- führer eben in unserer Sturm- und Drangzeit. Mein erster Anlauf, damals in Caracas, der Militärputsch, Du erinnerst Dich, ist auch gescheitert. Das muss der Niebel noch lernen, dass man dann nicht aufgibt, und - wo man mit Gewalt nicht weiter kommt, einfach mal versucht, es mit demokratischen Wahlen zu schaffen. Wenigstens bei der ersten Wahl, danach sieht man dann weiter." Igel: "Sicher, sicher, aber, Hugo, Du musst doch zugeben, dass es derzeit alles andere als wahrscheinlich ist, dass Niebel unser Kanzler wird?" Chavez: "Vero, vero, Willi, aber ihr habt da ja noch so eine Type, diesen Steinbrück, der Junge hat echt Potenzial. Berlusconi einen Clown zu nennen, das ist schon großes Kino. (Wehmütig:) Erinnert mich ein wenig an meine Sturm und Drangzeit, als ich vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen den damaligen US-Präsidenten Bush als "Satan" bezeichnet hatte. Gut, da kommt der Peer jetzt noch nicht ran, aber er übt ja noch, das wird schon noch, wie gesagt, der Junge hat Potenzial! Soll ich Dir ein Geheimnis verraten, Willi?" Igel: "Sicher, Hugo, gerne!" Chavez: "Du weißt ja, dass es um meine Gesundheit nicht zum Besten steht. Es wird Zeit für mich, meine Nachfolge zu ordnen. Ich habe in meinem Testament verfügt, dass Steinbrück Venezuela von mir erbt. Da kann er mit der dicken Nahles und dem Rest der SPD-Linken einen richtig guten sozialistischen Staat alter Machart übernehmen. Ich würde das gerne noch eine Weile geheim halten, mein Vizepräsident hier in Caracas wird das auch nicht mögen, deswegen sollten wir den Ball die kommenden Tage noch flach halten. Würdest Du dem Peer schon einmal sagen, was da auf ihn zukommt? Ich habe auch noch ein kleines Geschenk für ihn, das Du ihm als Zeichen unserer sozialistischen Völkerfreundschaft mit nach Deutschland bringen könntest." Igel: "Mach ich gerne, Hugo. Was ist es denn?" Chavez: "Eine Flasche venezolanischen Rotwein! Vom Feinsten!" Igel: "Oha, Hugo, Wein ist schwierig beim Steinbrück. Du weißt ja, der trinkt nix, was nur fünf Euro kostet - und wenn ich es recht weiß, ist selbst Euer Feinster noch für Vierfünfzig zu haben, oder?" Chavez: "Vero, Willi, vero - na dann bitte ich Dich um einen anderen Gefallen - würdest Du den Wein selbst verkosten und in Deiner Kolumne besprechen?" Igel: "Mache ich gerne!" Also ins Glas mit dem Terracota, Tempranillo + Syrah, 2012 von den Bodegas Pomar! Muss ein Supertropfen sein, denn das Rückenetikett erklärt, man habe ihn extra nur sehr kurz im Keller reifen lassen, damit er nichts von seiner Klasse verliere. Vielleicht hat er deswegen keine Zeit gehabt, eine Nase zu entwickeln? Das beaujolaist so ein wenig vor sich hin, wenn man überhaupt etwas findet, dann einen Hauch Dropsigkeit, vielleicht eine Spur Brombeere. Insgesamt eher gefällig und oberflächlich im Duft. Am Gaumen kommt er erst wie ein kühler Glühwein rüber, zimtig, seltsam gewürzig. Doch das gibt sich mit Luft. Dann finde ich die brombeerige Frucht aus der Nase wieder, eher Gamay als Merlot (und schon gar kein Tempranillo oder Syrah), weil auch am Gaumen die Dropsigkeit eines mittelprächtigen Beaujolais bleibt. Und die leicht kratzigen Tannine im Abgang, die der Gamay aus dem Beaujolais schon einmal haben kann. Dennoch ganz angenehm zu trinken, wenn auch schon ziemlich oxidativ - obwohl er für einen Oxidationsprozess in den wenigen Sekunden Kellerausbau eigentlich keine Zeit hätte haben dürfen. Weil er doch schon sehr zugänglich und so oxidativfruchtig wirkt, sehe ich auch nicht, dass man ihn noch lagern könnte, etwa um die Tannine abzubauen, die im Übrigen auch etwas zu grün dafür wirken. Also nicht mehr, aber auch nicht weniger als ein gut trinkbarer Pizzawein. Ein Arbeiter- und Bauerngetränk eben, passend zu Venezuela... Ab der zweiten Flasche träume ich davon, selbst Venezuela zu übernehmen, so eine nette kleine Willitärdiktatur, das wäre es doch, oder? 81 von 100 Willipunkten
Weh-Weh-Weh Willis Wein Werkstatt Bodegas Pomar, Terracota, Tempranillo und Syrah 2012, Venezuela
Heute auf der Hebebühne: Bodegas Pomar, Terracota, Tempranillo und Syrah 2012, Venezuela
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