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Willi Igel in Frankreich
- Lourdes -
Die Älteren werden sich erinnern, früher, als Stefan Raab noch ansatzweise lustig war, da setzte er sich immer wieder seltsamen Torturen aus. "Raab in Gefahr" nannte er das, wenn er in der Cessna mit einem Kunstflugartisten
unterwegs war, mit Rüdiger Nehberg im Moor tauchte oder als Gaststar bei den lästigen Musikanten auftrat. Gefahr? Na ja? Richtige Abenteuer sehen anders aus. Einer der letzten Herausforderungen der Neuzeit habe ich mich in
diesem Monat mit Todesverachtung gestellt einem Besuch in Lourdes! Schließlich habe ich mit Joseph Hader das gemeinsame Hobby, Marienerscheinungen vorzutäuschen und ich dachte, das könnte man vor Ort in der Grotte von
Lourdes am besten.
Die Gefahr resultiert in diesem Zusammenhang vor allem aus der erstaunlichen Humorlosigkeit der Lourdespilger. Die treffen sich
vorzugsweise an den Brunnen, wo sie das Wasser aus der "heiligen" Quelle von Lourdes trinken oder auf Flaschen füllen können. Die
meisten dieser Flaschen stammen übrigens aus den höchstens viertausend Souvenir- und Religionskitschläden des Städtchens am Fuße der
Pyrenäen. Und sind wie die überall sinnlos herumstehenden Marienstatuen geformt. Aber das nur am Rande. Wie gesagt, ich wollte eigentlich
nur ganz harmlos ein wenig mit den Pilgern Konversation machen. Und dachte mir, da fängst Du unverfänglich mit der Frage an, warum es in
Lourdes eigentlich so viele Reliquienhändler und so wenige Schuhgeschäfte gibt. Denn wenn da jeden Tag ein paar hundert Gelähmte wieder
mit dem Laufen anfangen, dann brauchen die doch als erstes was? Na klar, Schuhe! Und keine Rosenkränze oder bunt blinkende
Bernadettefigürchen. Humorloses Pack, diese Pilger, das gab nicht einen einzigen Lacher. "Tumorloses Pack", hätte ich fast geschrieben,
aber das passt hier nun wirklich nicht.
Nun gut, ich habe nicht aufgegeben, und mich erst einmal am Zapfhahn aufgebaut, mit Edelstahlmixer, Eiswürfeln, O-Saft und Campari. Ich
mixe Euch da mal was“, bot ich den Pilgern fröhlich an, auf einen Teil Heilwasser nimmt man drei Teile O-Saft und einen Teil Campari
letzteren eigentlich nur für die Farbe, wir wollen uns ja nicht betrinken, oder? Das nennt man dann übrigens den Bernadette Sunrise!“ Ein
wenig geschüttelt (nicht gerührt), ein wenig den Shaker durch die Luft geschleudert wie Tom Cruise, der alte Scientologe, in Tequila Sunrise,
und schon waren die Drinks fertig. Wollte aber irgendwie keiner haben. Auch als ich angeboten habe, das Heilwasser mit Tomatensaft und
Wodka aufzumixen, absolutes Desinteresse! Unfassbar, dabei wäre das eine prima Bloody Mary für diese Marienflaschen gewesen. Ich gebe
aber so schnell nicht auf und fragte deswegen weiter: "Hey Jungs, nehmt Ihr eigentlich lieber ein oder zwei Oliven in Eurer Heilwasser? Oder
vielleicht ein paar Erdnüsse dazu?" Irgendwie hatte ich an der Stelle schon das Gefühl, eventuell an diesem Tag Dresche bekommen zu
können. Also habe ich mal einen etwas rustikaleren Ansatz getestet: "Einen großen Krug Heilwasser in die Hand und Eiiiiiimersaufen, auf
gehts jetzt, alle auf Ex!!!" gebrüllt. Den Humpen auch wirklich hinunter gezwungen und einen formidablen Rülpser gelassen. "Wohlsein!",
meinte ich dann noch und: "Jetzt gehen wir mal ein paar von diesen heißen Schwestern klar machen, die hier alle herumstreunen.
Die wollen es doch nicht anders. Ich bin schließlich Ordensmann vom Orden wider den tierischen Ernst." An der Stelle traf mich
eine Tomate am Hinterkopf, offenbar wollte mir jemand Zutaten für die Bloody Mary zureichen. Sowas spornt ja unheimlich an. Ich
bat prompt eine deutsche Pilgergruppe, mit mir den Stimmungsklassiker "Einer geht noch, einer geht noch rein" anzustimmen. Die
waren in Begleitung eines Laienbruders, der in recht penetranter Weise versuchte, mich von der Quelle wegzudrängen. "Trink,
trink, Brüderlein, trink“, versuchte ich ihn singend zu besänftigen. Zwecklos. "Nach EU-Recht müssen wir den Bumms hier jetzt
sowieso dicht machen, Euer Highlichkeit," erklärte ich dem verdutzten Mann, da ist ja nicht einmal angegeben, ob die Plempe für
die Zubereitung von Babynahrung geeignet ist.“ Kann man es sich vorstellen, der Kerl hat den Prior gerufen und schon hatte ich
Haus- und Quellverbot. Offenbar hatte die Marienstatue schon erste Igelerscheinungen. Und die Amtskirche wenig Verständnis für
das Europäische Lebensmittelrecht.
Na, ich bin dann noch ein wenig bei den Reliquienläden herumgestreunt und habe versucht, die Inhaber von einer neuen
Geschäftsidee zu überzeugen. Nachdem es schon Kerzen in Marienform, Wasserflaschen in Marienform, Uhren in Marienform,
Fächer in Marienform und Marienstatuen in Marienform gibt, wäre doch ein Vibrator in Marienform eine prima Ergänzung gewesen,
oder? Zumal da in Lourdes viele alleinstehende Frauen in nicht gerade modischen Ordenstrachten herumlaufen. Da die
alleinstehenden Herren größtenteils Frauenkleider tragen und deswegen? wie erwähnt wenig Lust haben, die Schwestern "klar zu
machen" müsste der Bedarf doch enorm sein, oder? Kaum glaublich, statt eines vollen Auftragsbuches habe ich lediglich
Prellungen dritten Grades mit zurück gebracht.
Rosenkranzpalast: Madonnenstatuen en gros und en detail
Willi Igel in Lourdes
Betrug: Madonnenstatue täuscht Igelerscheinungen vor!