Pilgergedicht
Die Adaption dieses Gedichtes kam williswunderbarerwebdesignerin anlässlich der Pilgerreise eines
befreundeten Weinliebhabers ("Weinnase") von Düsseldorf nach Santiago de Compostela in den Sinn. Für
diese Wallfahrt hatte Weinnase am Aufbruchstag in weiser Voraussicht sogar eigens noch niegelnagel-
neues Schuhwerk erstanden. Leider erreichte er aber - vielleicht gerade deswegen - mit Müh' und Not
(und wunden Füßen) nur den Fuß der Cevennen.
Und das trotz wohlgeplanter Pausen: Vor Beginn der Reise tat Weinnase kund, bei den Klöstern am
Wegesrand mit den Worten "Tu' mir auf, Bruder Zellar!" Einlass begehren zu wollen, um mit den Mönchen
ein paar Gläser Wein zu geniessen und mit ihnen über Gott und die Weinwelt zu philosophieren.
Ob ihm dies tatsächlich gelungen ist, ist leider nicht historisch belegt...
Aber genug der Vorrede, hier das Gedicht:
Der Pilgerkoenig
Wer pilgert so spät durch Nacht und Wind?
Es ist Herr Seegers, er läuft geschwind
Er hat die Muschel wohl am Hut
Er klopft am Kloster, es geht ihm gut.
"Mein Vater, was birgst du so bang dein Gesicht?
Siehst Vater, du die Muschel nicht?
Die Muschel, die mir hier Einlass gewährt?"
"Mein Sohn, der ist dir leider verwehrt!"
"Du lieber Gott, dass kann nicht sein!
Jetzt lass mich doch ins Kloster rein,
Manch langen Weg lief ich am Strand"
Fleht Seegers an den Abt gewandt
"Mein Sohn, mein Sohn, und hörest du nicht
Für heute Nacht ist hier schon Schicht!"
"Sei ruhig, bleibe ruhig mein Abt,
ich hätt' ja ein andres Quartier gehabt..."
"Willst fremder Pilger du nicht dorthin geh'n?
Die Leut' dort soll'n dich bewirten schön
In ihrem Haus am nächtlichen Rhein
Und backen und kochen und lassen dich ein!"
"Mein Vater, mein Vater, das könn't ja gut sein
Doch muss ich gestehen zu meiner Pein
dass - weil ich leider so oft was vergesse
mir gänzlich entfall'n ist die richt'ge Adresse.
Ich will hier rein, mich friert, mir ist kalt
Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt."
"Mein Gott, mein Gott, jetzt fasst er mich an!
"Der Pilger hat mir ein Leid getan!"
Dem Vater grauset's, er schließet geschwind,
die Pforte des Klosters im ächzenden Wind,
behält seine Fassung mit Müh und Not
Und trinkt allein den Wein so rot.
(Johann Wolfgang von Goethe/williswunderbarewebdesignerin)