Shalom Willi Igel in Israel
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Zu seinem 200. Geburtstag haben sie 2018 ja den ollen Kalle Marx wieder hervorgekramt. Nach wie vor gilt der Mann einigen als Prophet, obwohl bis dato weltweit kein einziges Beispiel zu verzeichnen ist, dass ein Staat die marxsche Ideologie erfolgreich in die Praxis hätte umsetzen können. Selbst in Venezuela ist es schiefgegangen mit dem Sozialismus, obwohl das Land mit den größten Erdölreserven weltweit gesegnet ist und insofern eigentlich die volkswirtschaftlichen Voraussetzungen mitbrächte, dass auch die dümmste Regierung noch Wohlstand für alle herstellen können müsste. "Die Ideologie ist trotzdem richtig", faseln die Apologeten, "es hat sie nur noch nie einer richtig umgesetzt". Ja gut, aber dann bin ich doch eher für eine Ideologie wie die Marktwirtschaft, die offenbar viel schlechter, aber trotzdem wesentlich leichter umzusetzen ist und selbst andersbegabte Truppen wie die deutsche Bundesregierung noch volkswirtschaftlichen Wohlstand generieren lässt. Die Apologeten kommen mir eher vor wie die Fliege, die immer wieder gegen die Wohnzimmerscheibe fliegt. Ja, es ist noch nie einer durch die Scheibe hindurchgeflogen, doch wenn man es richtig anstellt, wird es schon gelingen. "Aber in China, da hat es doch geklappt", protestieren die Apologeten. Und verkennen, dass China längst ein turbokapitalistisches Land ist. Sich den Kommunismus nur noch etikettenschwindelnd auf die rote Fahne schreibt. Kommunistisch sind die Chinesen längst nicht mehr im marxschen Sinne, sie haben allenfalls einige der Dinge übernommen, die wir aus dem "real existierenden Kommunismus" des alten Ostblocks kennen. Also gerade nicht die Vergemeinschaftung der Produktionsmittel, sondern eher den Aufbau eines demokratiefreien, menschenrechtsaversen Regimes, das schnelle wirtschaftliche Erfolge auch erreicht, indem die Partizipation der Zivilgesellschaft an Planungsprozessen auf Null reduziert wird. Mit einem Staatschef auf Lebenszeit. Murxi statt Marx. Wie weltfremd Marx gewesen ist, lässt sich auch an einem anderen seiner Sprüche nachweisen. Religion sei "Opium für das Volk", hat der Blödmann aufnotiert. Opium, also der Saft des Schlafmohns, wirkt laut Willipedia "beruhigend und schlaffördernd". Und damit bin ich nun endlich beim Thema Israel. Auf dem Gebiet im Nordosten Afrikas findet seit tausenden von Jahren so eine Art interreligiöser Schwanzvergleich statt, der sich seit der Gründung des israelischen Staates noch einmal deutlich angeheizt hat. Und da kann man wunderbar beobachten, dass Religion keineswegs beruhigend wirkt, sondern eine prima Projektionsfläche für Konflikte um Macht, Land und Einfluss hergibt. Die Kreuzzüge zur Befreiung der heiligen Stätten“ waren ja nur ein Vorgeschmack auf das, was heute im Namen der Religion stattfindet. Wenn wir nur einmal die größeren Gefechte seit 1945 durchgehen, dann zählt man mit dem Unabhängigkeitskrieg 1948, dem Suezkrieg 1956, dem Sechstagekrieg 1967, dem Jom Kippur-Krieg 1973, dem israelischen Militärschlag gegen den Irak 1981, dem Libanonkrieg 1982, der ersten Intifada 1987, der zweiten Intifada 2000, dem Gazakrieg 2008 und dem Gazakrieg 2014 insgesamt 10 Kriege mit hunderttausenden von Toten. Irgendwo unterwegs ist sogar das das Tote Meer ums Leben gekommen. Über den Jordan gegangen, könnte man hier auch sagen. Ob das alles auch passiert wäre, wenn es keine Religion gäbe? Mag sein, Kishon hatte ja die Theorie, es sei für Israel nicht zumutbar, dass es wegen seiner geringen räumlichen Ausdehnung auf Weltkarten immer Isr. abgekürzt werde, da sei ein gewisser Expansionsdrang doch verständlich. Ernsthafter betrachtet bleibt einer der zugrundeliegenden Konfliktkerne die massenhafte Einwanderung von Europäern zwischen 1880 und 1948 und die Inbesitznahme des vormals palästinensischen Landes durch diese Europäer. Trotzdem fällt auf, dass der Konflikt heute nicht mehr als Alteingesessene versus Zuwanderer geführt wird, sondern längst religiös überhöht worden ist. Da haben wir Deutschen sicherlich auch mit dran gearbeitet, schließlich war es kein anderer als der von der Linken als Popstar verehrte Kalle Marx, der schon vor 150 Jahren im Stusston der Überzeugung zu Papier gebracht hat: "Das Judentum ist ein allgemeines, gegenwärtiges antisociales Element". Hach, da hat der Herr Poggenburg sicherlich seinen Spaß, wenn er sowas lesen darf. Überhaupt waren die Deutschen Weltmarktführer bei der Umdefinition einer Glaubensgemeinschaft in eine Rasse. Von einer jüdischen Rasse zu sprechen ist ungefähr so überzeugend wie von einer katholischen Rasse zu faseln oder von einer Rasse der Borussia Dortmund-Fans. Mit Unsinn wie diesem haben wir kräftig mitgeholfen, dass Religion als Abgrenzungskriterium und als Projektionsfläche für Hass noch salonfähiger geworden ist als sie es schon immer war. Und genau das passiert in Israel. Die eingewanderten Europäer waren ja allesamt Juden. Auf der Suche nach einem Gebiet, indem sie vor dem - von Menschen wie Marx befeuerten und in Europa seit vielen Jahrhunderten grassierenden Antisemitismus geschützt in Frieden leben könnten. Klar, dass sie den Palästinensern nicht nur als Usurpatoren verhasst waren, sondern die Religion ein weiteres großartiges Abgrenzungskriterium abgab. Anderer Glaube, andere Rasse, immer druff! Wenn man den israelisch-palästinensischen Konflikt so betrachtet, dann muss man freilich einräumen, dass beide Seiten den schwarzen Gürtel in Provokation haben. Eine Arafatwa gegen Israel hier. Eine neue jüdische Siedlung im Palästinensergebiet da. Es geht munter hin und her. Der letzte Streich der israelischen Regierung war das Nationalstaatsgesetz von 2018, das Israel zum Nationalstaat des jüdischen Volkes“ ausrief. Nun ist die Zugehörigkeit zu einer Glaubensgemeinschaft also nicht mehr nur gleichzusetzen mit der Zugehörigkeit zu einer Rasse, sondern auch gleich noch mit der Zugehörigkeit zu einer Nation. Zugleich werden die knapp 20 Prozent Muslime, die Christen, die Drusen und die Bahai fröhlich zu Staatsbürgern zweiter Klasse und Nichtmitgliedern der Nation abgestempelt. Na gut, um die Bahai braucht man keinen Bohai zu machen, das sind nur ein paar hundert die bewachen im Wesentlichen das Heiligtum bei Haifa, das inzwischen immerhin Weltkulturerbe geworden ist. Aber die muslimischen Israelis, die Palästinenser, die Christen und die Drusen werden wohl kaum über das Gesetz gelacht haben. Gut, die israelischen Muslime sind auch nicht besser, die hatten vorher verlauten lassen, sie werden über ihre höhere Fertilitätsrate die israelischen Juden früher oder später in die Minderheit geraten lassen und sie dann aus dem Land werfen. In Deutschland haben wir die Gleichsetzung von Religion, Rasse und Staat ja so weit vorangetrieben, dass man zuverlässig als Antisemit abgestempelt wird, wenn man die israelische Regierung kritisiert. Trotzdem gebe ich hier mal ganz feierlich zu Protokoll, dass es für mich in diesem Konflikt keine "Guten" gibt. Ein so karges Land wie Israel kann dauerhaft nur zu Wohlstand geführt werden, wenn alle an einem Strang ziehen. Ein Land, das so reich an historischen Monumenten ist wie Israel, kann sein Erbe nur dann vernünftig verwalten, wenn alle an einem Strang ziehen. Es kann sein touristisches Potenzial auch nur dann vollständig erschließen, wenn Reisende nicht dauernd Angst haben müssen, Opfer der nächsten bewaffneten Auseinandersetzung zu werden. Es ist hochgradig frustrierend, beobachten zu müssen, wie der anhaltende Konflikt trotz einer guten Hundertschaft von Anläufen in internationalen paartherapeutischen Vermittlungsversuchen einen tragfähigen Frieden zwischen jüdischen Israelis und Palästinensern herzustellen und möglichst auch ein belastbares Verhältnis zu den Nachbarländern zu generieren, unsterblicher zu sein scheint als manche Gottheit. Die Serie von Krisen, Kriegen, Anschlägen und Auseinandersetzungen reißt einfach nicht ab. Ohne jede Bethlehemmung wird aufeinander eingedroschen. Und die Religion als "extasy für das Volk" putscht die Beteiligten noch weiter auf. Weil das auch noch nicht reicht, befeuert das Trumpeltier im Weißen Haus den Konflikt noch mit seiner Ansage, die US-Botschaft nach Jerusalem verlegen zu wollen. Dabei sind sich die Konfliktparteien im Lande ähnlicher als man denken würde. Zum Beispiel genießt der Hausmüll in den unterschiedlichen Siedlungen relativ unabhängig von der Stammeszugehörigkeit ein so hohes Ansehen, dass er fast als Nebengottheit verehrt und deswegen auch nicht beseitigt wird. Wochenlang liegen Plastikfetzen, leere Flaschen und sonstiger Unrat irgendwo herum, ohne dass einer mal den Impuls verspürte, vielleicht etwas aufzuheben und wegzuräumen. Ansonsten funktioniert das "Nebeneinander der Kulturen" unterschiedlich gut. In Jerusalem wird es hard-core Christen eher wenig begeistern, dass unmittelbar am "Kreuzweg" der palästinensische Basar tobt. Die "Originalsatteldecke vom Esel des Heilands" wird feilgeboten, gleich hundertfach, der hatte wohl einen argen Verschleiß, dieser Jesus. Und sonstige Scheußlichkeiten, wie man sie aus den Basaren der gesamten arabischen Welt kennt, inklusive des aufdringlichen Verkaufsverhaltens der Ladenbesitzer, die jeden zum guten Freund erklären, den sie zum ersten Mal sehen. Ja gut, natürlich nur solange man einigermaßen sicher ausschließen kann, dass er jüdischer Israeli ist. Wer auf dem Tempelberg betet, wird von so einer Art Sharia-Polizei verhaftet. Inzwischen auch von einer jüdischen Polizei, die dafür sorgt, dass die Muslime nicht provoziert werden. Wer an der Klagemauer nicht betet, wird gleichfalls verhaftet, oder fast, es ist schon eher anstrengend, wenn man sich in diesem Staat politisch korrekt bewegen will. Vielleicht mit Ausnahme von Jerusalem sind die historischen Stätten leider ziemlich vergammelt. Auch fehlt städtebaulich die große Linie. Kann passieren, wenn Menschen aus so vielen unterschiedlichen Staaten mit so vielen unterschiedlichen städtebaulichen Traditionen gleichzeitig einwandern. Dann fehlt die gemeinsame Idee. Irgendwie auch der eigene Stil, die Geschlossenheit und der Charme, es sei denn man ist einer von den Prenzelberg-Jüngern, die es am schönsten finden, wenn absoluter Wildwuchs herrscht. In Tel Aviv gibt es immerhin das Bauhaus-Viertel. Das merkt man aber auch nur, wenn es einem einer sagt, dann längst ist dieser historische Teil mit anderen, zumeist hochgradig belanglosen Gemäuern durchsetzt. Fazit: Wenn man nicht gerade Waffenexporteuer ist, muss man da nicht unbedingt hin, in dieses Israel. Es sei denn man möchte abnehmen. Die koschere Küche glänzt durch Abwesenheit von Geschmack, da fällt es leicht, leichter zu werden.
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